Gedenkstättenfahrt des Ziegenmichel e.V. im Jahr 2015
- von Helena Voigt -
Das Projekt der Gedenkstättenfahrt 2015 nach Buchenwald/Weimar und Mittelbau-Dora/Nordhausen wurde in diesem Jahr von Michael Lorenz, Torsten Herbert, Thomas Sieger, Franziska Krönung und Helena Voigt betreut. Inhalt des Projekts waren in erster Linie die Wissensvermittlung bezüglich des Holocausts. Ebenfalls sehen wir uns in der Pflicht dafür zu sorgen, dass die Geschehnisse des Dritten Reichs vor Ort nachempfunden werden, so dass sie mit größtmöglicher Wirksamkeit auch bei den Generationen, die in keinerlei Weise mehr für die Gräueltaten verantwortlich sind, ankommen und durch unsere Teilnehmer als Multiplikatoren auch große Teile ihrer peer-groups erreichen.
Ganz im Sinne der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ fuhren wir in diesem Jahr vom 28.10. bis zum 01.11.2015 mit 3 OberstufenschülerInnen der Gesamtschule Ückendorf, einem Auszubildendem (ehemaliger Schüler der Gesamtschule Ückendorf) und 14 SchülerInnen der 10. Klasse der Gesamtschule Horst nach Weimar. Bereits im Vorhinein bereiteten wir unsere Teilnehmer während einer ausführlichen Informationsveranstaltung in der Gesamtschule Horst, einem Auswahltermin und zwei weiteren Vortreffen am Ziegenmichelhof und im Kinderland auf unsere Fahrt vor. Die Schüler wurden in die Organisation der Fahrt mit einbezogen um ihre Verantwortung gegenüber des Projekts zu fördern. Auch die gemeinsame Realisierung unseres Endproduktes, einem Filmprojekt, spielte eine wichtige Rolle. Die SchülerInnen planten und führten sämtliche Teilschritte gemeinsam mit dem Ziegenmichel e.V. aus. Die Idee hinter diesem Endprodukt basiert darauf die eigenen Gefühle während des Besuchs der beiden Konzentrationslager zu erkennen und diese in kurzen Video-Sequenzen festzuhalten. Insbesondere wollten wir den Zwiespalt der Stadt Weimar zwischen Kultur und dunkler, nationalsozialistischer Geschichte widerspiegeln und haben uns dafür an dem Symbol des Januskopfes orientiert. Die endgültige Fassung mit selbst-gestaltetem DVD-Cover soll an den Schulen vorgeführt werden und dadurch nachhaltig an die Geschehnisse des Dritten Reichs erinnern und, ebenso wie die jugendlichen TeilnehmerInnen selbst, als Multiplikator dienen.
Am Morgen des 28.10. trafen wir unsere TeilnehmerInnen an unserem Ziegenmichelhof. Von hier aus reisten wir mit dem Reisebus nach Weimar. Gegen 16:00 Uhr erreichten wir Weimar und unser Hotel. Nach dem Einchecken in das Hotel und dem Auspacken der Koffer, zeigten wir den Teilnehmern den Stadtkern Weimars und bereiteten uns anschließend während eines Restaurantbesuchs in ruhiger Atmosphäre auf den nächsten Tag vor.
Am 29.10. begannen wir unser Programm mit einer Stadtführung durch Weimar. Der vorher mit der Stadtführerin, Renate Ragwitz, abgesprochene Schwerpunkt „Nationalsozialismus in Weimar“ war einerseits höchst interessant und zum anderen eine gelungene Einführung für unseren darauf folgenden ersten KZ-Besuch.
Um 14:00 Uhr trafen wir uns an der Gedenkstätte Buchenwald mit einer Mitarbeiterin der Jugendbegegnungsstätte Buchenwald. Die JBS Buchenwald war im Voraus vom Ziegenmichel e.V. kontaktiert worden und stand uns für eine etwa 3 stündige Überblicksführung geplant zur Verfügung. Aufgrund des großen Interesses der TeilnehmerInnen besichtigten wir direkt im Anschluss an die Führung noch die 1958 errichtete Mahnmalanlage und den Glockenturm. Die Jugendlichen waren sichtlich bewegt und schockiert von diesem Erstbesuch und in Gesprächen wurde klar, dass ihnen nun erst bewusst geworden war, was der Holocaust überhaupt wirklich bedeutet. Einige der TeilnehmerInnen fragten nach dem Besuch der Gedenkstätte ausdrücklich um Einzelgespräche mit den Betreuern um weitere Fragen oder Gefühle zu besprechen. Viele von Ihnen waren sehr froh darüber, dass sie ihre Freunde an ihrer Seite hatten und untereinander das Erlebte besprechen konnten.Sie waren alle äußerst betroffen.
Um den Jugendlichen ein wenig Abwechslung und auch Ablenkung zu ermöglichen, gingen wir an diesem Abend in das Bowlingcenter in Weimar und konnten einen entspannten, fröhlichen Abend genießen.
Am 30.10. verbrachten wir den Tag damit morgens Filmaufnahmen in Weimar und insbesondere in dem Park an der Ilm zu machen. Die Jugendlichen hatten sich vorher Gedanken darüber gemacht, was für sie selbst Freiheit und Glück bedeutet und versuchten Szenen aufzunehmen, die zeigen sollten, dass für sie Freiheit bedeutet „unbeschwert zu lachen“, „das Haus ohne Angst verlassen können“ oder auch „lieben können, wen man möchte“. Die Aufnahmen hierzu können in dem entstandenen Film gesehen werden.
Um 12:00 Uhr fuhren wir dann nach Nordhausen um uns das KZ Mittelbau-Dora anzusehen. Auch hier wurden wir von einer netten und sehr kompetenten Mitarbeiterin der JBS Mittelbau-Dora begrüßt und im Zuge einer Überblicksführung über das Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers geführt. Insbesondere der Aufenthalt in dem begehbaren Teil der Stollenanlage war beeindruckend und bedrückend zugleich. Die ganze Gruppe wurde sehr still und viele der TeilnehmerInnen unterhielten sich noch tagelang über dieses Erlebnis. Am Abend reflektierten wir gemeinsam mit den Jugendlichen die bisherigen Erlebnisse und unternahmen später noch einen Kinobesuch in Weimar mit ihnen.
Der 31.10. stand den Jugendlichen am frühen Vormittag zur freien Verfügung, damit sie noch einige Souvenirs besorgen konnten und sich einige Sehenswürdigkeiten nochmals genauer anzusehen. Einige der TeilnehmerInnen besuchten das Goethe Wohnhaus und die Anna-Amalia-Bibliothek. Am Mittag verließen wir dann abermals Weimar um uns einige bisher nur kurz gesehene Gebäude im KZ Buchenwald anzusehen. Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit noch einiges zu besichtigen, von dem sie entweder während der Überblicksführung oder bereits während unserer Vorbereitungstreffen gehört hatten. So suchten wir das „Lager im Lager“, sowie den Waldfriedhof und eine Kunstaustellung auf. Währenddessen hatten die Jugendlichen auch stets die Möglichkeit Videosequenzen aufzunehmen. Bei Einbruch der Dunkelheit, gegen 17:00 Uhr, verließen wir die Gedenkstätte Buchenwald und die Jugendlichen hatten im Hotel Zeit um sich auf unseren Besuch im Nationaltheater Weimar vorzubereiten. An diesem Abend erwartete die TeilnehmerInnen dann ein Erlebnis der besonderen Art. Gemeinsam besuchten wir die Theatervorstellung „Mephisto“ im geschichtsträchtigen Nationaltheater Weimar.
Am 01.11. verließen wir nach einem reichhaltigen Frühstück unser Hotel und fuhren mit unserem Reisebus zurück nach Gelsenkirchen, wo wir am späten Nachmittag ankamen
Nachbereitend trafen wir uns noch zwei Mal mit den Jugendlichen im Dezember. Ein Nachtreffen diente uns dazu die Videosequenzen zu sichten und auszusortieren. Zudem wurden „Expertengruppen“ gebildet, die sich um Videoschnitt, DVD-Covergestaltung, einleitende Worte für den Film und Gestaltung der Vorführung an den Schulen kümmern. Das letzte Treffen mit den Jugendlichen vor der Präsentation unserer Ergebnisse ist für Januar geplant.
Abschließend lässt sich sagen, dass wir mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Fahrt zufrieden sind. Unsere Teilnehmer konnten viel lernen und werden das Erlebte mit Sicherheit in ihren peer groups weitergeben. Vor allem unser Filmprojekt gibt einen guten Einblick in das Thema und wird in Zukunft hoffentlich dabei helfen die Geschehnisse des Dritten Reichs in Erinnerung zu behalten. Besonders zu Zeiten der Flüchtlingsdebatte erscheint dieses Thema von größter Wichtigkeit zu sein.